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32. Internationales Kolloquium Kunststofftechnik des IKV

Das 32. Internationale Kolloquium Kunststofftechnik des Instituts für Kunststoffverarbeitung (IKV) fand am 28. und 29. Februar in Aachen statt. Das Kolloquium verzahnt Forschung und Industrie und wird von renommierten Expert*innen geleitet, die über umfangreiche wissenschaftliche und industrielle Erfahrung in der Kunststofftechnik verfügen. Sie präsentierten die neuesten Entwicklungen und Innovationen aus dem Bereich Kunststofftechnik. Im Rahmen der Veranstaltung wurde auch das Innovationslabor KIOptiPack der Fördermaßnahme KI-Hub Kunststoffverpackungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) mit drei Beiträgen vorgestellt.

Künstliche Intelligenz und ihre Rolle für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft am Beispiel des Recyclings von Mehrschichtfolien aus Polypropylen (PP)

Mit seinem Vortrag „Kreisläufe schließen - Recycling als wesentlicher Schritt für nachhaltige Verpackungslösungen“ hat Dr. Peter Ryzko von der Südpack Verpackungen SE & Co. KG die steigende Bedeutung der Nachhaltigkeit in der Verpackungsbranche hervorgehoben. Das Bewusstsein und die Notwendigkeit für mehr Nachhaltigkeit haben auch in dem Bereich den Fokus auf effizientere, innovativere und ressourcenschonende Technologien und Produkte geschärft. Die Integration von Rezyklaten in mehrschichtige Verbundwerkstoffe ist hierbei ein vielversprechender Ansatz für mehr Nachhaltigkeit, wobei künstliche Intelligenz eine Schlüsselrolle bei der Förderung einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft spielen kann. Der Beitrag untersuchte das Recycling von Mehrschichtfolien aus Polypropylen (PP) und zeigte, wie dessen Verwendung in Monomaterial-Verbundwerkstoffen die Recyclingfähigkeit verbessert und somit zur Reduzierung von Kunststoffabfällen und Umweltbelastung beitragen kann. Die dabei gesammelten Daten bilden auch die Grundlage für das KIOptiPack-Projekt, das auf intelligente Technologien setzt, um die Prozesseffizienz zu steigern und eine ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft zu fördern.

Anwendung von DoE-Strategien in der Kunststoffverarbeitung mithilfe Künstlicher Intelligenz

Das IKV der RWTH Aachen präsentierte unter anderem zwei Untersuchungen zu Teilen der aktuellen Datengrundlage des Projektes.

Im Vortrag „Untersuchungen zur geeigneten Versuchsplanung für die Vorhersage von Compoundeigenschaften“ von Herrn Lukas Seifert vom IKV der RWTH Aachen lag der Fokus auf dem Vergleich verschiedener Design of Experiments (DoE)-Strategien zur Erstellung von Rezepturdatenbanken, die insbesondere für das Training von Künstlichen Neuronalen Netzen (ANN) genutzt werden können. Ziel der Forschung war es, die traditionelle empirische Rezepturentwicklung in Richtung eines systematischeren, datenbasierten Ansatzes zu transformieren, um Effizienz und Geschwindigkeit zu steigern. Hierbei kamen unterschiedliche DoE-Methoden zum Einsatz, um die Mischeigenschaften von Kunststoffrezepturen im Doppelschneckenextruder zu modellieren und die effektivsten Entwürfe zu identifizieren. Die Experimente beinhalteten Variationen in der Rezeptur mit zwei Polypropylen-Typen und einem Peroxid-Additiv, sowie Anpassungen der Verarbeitungstemperatur und Drehzahl der Doppelschnecke. Als Qualitätskriterien für die Modellierung mittels ANN wurden der Melt Volume Rate (MVR) und das Elastizitätsmodul herangezogen. Während die MVR-Vorhersage herausragende Ergebnisse zeigte (R²=0,97), gab es bei der Prognose des Elastizitätsmoduls Herausforderungen (R²=0,5).

Erkenntnisse aus der Inline-Überwachung von Spritzgießprozessen zur Verbesserung der Kunststoffverarbeitung auf Basis künstlicher Intelligenz

Im Rahmen des Beitrags „Inline-Überwachung von Prozess- und Qualitätsdaten beim Spritzgießen von Dünnwandverpackungen“ von Herrn Malte Seefeldt vom IKV der RWTH Aachen wurde eine Datengrundlage auf Basis von Neuware für eine mögliche Maschinenregelung auf Basis eines KI-Models zur Reduzierung von Schwankungen beim Spritzgießen mit Post-Consumer Rezyklat ermittelt. Neben dem Aufbau eines Grundzustandes bzw. Referenzwerten mit Neuware, dienen die durchgeführten Versuche zur Validierung der aufgebauten Messzelle und der Identifikation relevanter Prozessparameter, welche einen Einfluss auf die Fließeigenschaften (Viskosität) und auf die Bauteileigenschaften (Gewicht, Verzug) haben. Die Versuche wurden mit einer einfachen Schalengeometrie durchgeführt, wobei entsprechende Anforderungen an die Sensorik, das Angussverteilersystem sowie die Wandstärke des Bauteils beachtet wurden. Während des Spritzgießprozesses werden neben den Prozessdaten aus Werkzeuginnendruck oder Druckverlust im Angussverteiler auch die Maschineneinstellungen aufgenommen und in einer Datenbank abgelegt. Zusätzlich wurden die Qualitätsdaten des Bauteils wie Gewicht (Waage) und Verzug (Kamerasystem) aufgenommen.

Die gewählten Versuchspläne der Versuche wurden aufgestellt, um den Einfluss der Temperatureinstellungen und der Einspritz-/Nachdruckparameter auf die Fließfähigkeit zu ermitteln. Bei den Untersuchungen der Temperatureinstellungen wurde sichtbar, dass die Schmelztemperatur und die Restkühlzeit einen Einfluss auf die Viskosität haben. Steigt die Schmelztemperatur und die Restkühlzeit (verlängerte Standzeit im Zylinder), so sinkt die Viskosität. Eine Herabsetzung der Viskosität beim Spritzgießen kann über die Erhöhung der Einspritzgeschwindigkeit entgegengewirkt werden, da eine höhere Einspritzgeschwindigkeit zu mehr Scherung führt und die Viskosität verringert. Wird der Einfluss der Schmelztemperatur/Restkühlzeit mit dem Einfluss der Einspritzgeschwindigkeit verglichen wird deutlich, dass der Einfluss auf die Viskosität durch die Einspritzgeschwindigkeit größer ist als der Einfluss der Temperatur. Aus dieser Erkenntnis wird geschlussfolgert, dass als Stellgröße zur Regelung der Viskosität die Einspritzgeschwindigkeit verwendet und im KI-Model berücksichtigt werden sollte.

Die gewonnenen Ergebnisse sollen in weiteren Versuchen mit der finalen Demonstratorgeometrie sowie dem Post-Consumer-Rezyklat validiert und bestätigt werden, um die Trainingsdaten für eine KI-Regelung zu erweitern.
 

Dieser Beitrag stammt von Sofia Tsaka, Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV.

Lukas Seifert bei seinem Vortrag.
Lukas Seifert vom IKV der RWTH Aachen gab einen Vortrag zur geeigneten Versuchsplanung für die Vorhersage von Compoundeigenschaften.
Malte Seefeldt bei seinem Vortrag.
Malte Seefeldt vom IKV der RWTH Aachen referierte zu „Inline-Überwachung von Prozess- und Qualitätsdaten beim Spritzgießen von Dünnwandverpackungen“.